Wie man Cthulhu spielt...

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Daniel
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Beitrag von Daniel »

Das obige Post von mir richtete sich an Frank... Du (Johnny) bist mir "dazwischen" gekommen. :wink:
Auf dein Post (Johnnys) antworte ich sogleich.
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Daniel
Illuminatus regens
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Beitrag von Daniel »

DonJohnny hat geschrieben:Halt, ich habs mir anders überlegt.
(ist vieleicht eine schlechte Idee (da bin ich mir eigentlich ganz sicher)aber ich wills doch nochmal drauf ankommen lassen)
Und da ich wie gesagt Foren als den perfekten Platz für sowas halte, ist das auch nur gut und recht.
DonJohnny hat geschrieben:Mein Versuch alles zu verstehen:
Und mein Versuch, dich dabei zu unterstützen...
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Ich kann also beim besten Willen keinen Wandel feststellen, der sich in der Art und Weise Cthulhu zu spielen vollzogen haben könnte
So, also es hat gar keinen Wandel gegeben, also haben wir Cthulhu nie "falsch" (anders,...) gespielt.
Fast korrekt. Wir haben es gespielt, wie es fast alle spielen. Inklusive dem Author des RPGs Cthulhu.
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Abschließend möchte ich auch noch meine Meining zu Franks These "alle Cthulhu-Charaktere sind seit neuem offenbar mit einem Nachteil Neugier ausgestattet" festhalten: In vielen Rollenspielen ist eine bestimmte Charkterklasse Voraussetzung für das Rollenspiel.
Alle Charas in Cthulhu haben eine gewisse Neugirde weil wenn sie keine Neugierde ätten wären sie als Cthulhu Charas schon gar nicht in Frage gekommen. Frank ist aber der Meinung das ein Spielleiter es auch schafft nicht neugierige Charactere in ein Cthulhuszenario einzubauen
Der Meinung von Frank bin ich auch. Nur muß diesen Anspruch nicht absolut jedes Szenario bedienen. Und in einem solchen Fall müßen Spieler und Spielleiter sich damit abfinden und auf die Cthulhu-Matrix zurückgreifen.
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:DonJohnny, das ist nicht ganz so einfach, wie es sich anhört... Und auch sicherlich nicht so einfach zu beantworten.
na ich weiß nicht so genau. Man könnte schon mal so spielen wie Frank es immer getan hat (zumindest hat man die theoretische Möglichkeit dazu). Mich würde mal interessieren wie er ein Szenario leitet. Ich hab kein Problem damit mal meine eigene Spielweise über den haufen zu werfen.
Mehr als genug Szenarien ziehen die Charaktere so in den Bann, daß es keinen Weg zurück gibt. Auch genügend Szenarien sind als längere Kampagnen angelegt, die die Charaktere nur durchstehen können, wenn sie sich extrem vorsichtig und zurückhaltend verhalten. Aber doch nicht an einem Hütten-Szenario, welches für max. 12 Stunden ausgelegt ist!
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Cthulhu Szenarien versuchen oft etwas ganz neues auszuprobieren, sowohl was den Verlauf des Szenarios, aber auch was die Motivation (den Hook) der Charaktere angeht.
Meinst du so was wie der Sänger von... ?
Eher das Schweiz-Szenario (Hook) oder IKARUS-Projekt (Verlauf).
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:. Aber es gibt eben auch genügend (äußerst hübsche) Szenarien, die sich der berüchtigten Cthulhu-Matrix bedienen. Diese kann als Basis für den Verlauf eines "Standard"-Cthulhu-Szenarios gesehen werden.
meinst du so was wie das einsame Haus im Wald ?
Eher nicht, da hier der Hook die Charaktere fest an das Haus bindet. Standardmäßiger ist z.B. "Die Froschkönig-Fragmente" oder das Szenario, welches bei uns noch offen ist.
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Man muß also als Spieler (und Spielleiter) darauf gefasst sein, auf diese Basis zurückgreifen zu müssen (wenn sich keine andere Motivation für diesen Augenblick mehr ergibt).
ich bin mir nicht sicher aber meinst , wenn ein Spieler sich seiner Vorgedachten Rolle entledigt ?
Nicht ganz. Sondern eher sich darauf besinnt, ein wenig aus der Welt in Richtung "Runde am Tisch" hin aufzutauchen und zu wissen, daß dem Spielleiter wohl nichts besseres eingefallen ist und zu beschließen, daß es dann eben seinen Charakter jetzt brennend interessiert (was hinter der Luke ist...).
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Kurz: Cthulhu-Matrix = billig, aber unterste Schnittmenge
also das was da ist, wenn alles andere nicht mehr da ist (LogikTM aber ich glaube du weißt was ich meine)
Fast. Definitiver Bestandteil der Matrix ist ein "neugieriger" investigativer Charakter.
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Splatter


was das?
Braindead, Tanz der Teufel. :wink:
DonJohnny hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:und alle Spielleiter sich potentiell fragen, was sie seit damals anders oder gar unwissentlich falsch machen


wie du jetzt gerade
Genau. Und Vera z.B.
DonJohnny hat geschrieben:
Lhankor Mhy hat geschrieben:Wer schon einmal einen Charakter aus dem Spiel bugsiert hat, weil er sich bei einem Einbruch bei einem verdächtigen Kultisten von der Polizei hat erwischen lassen
gehört zwar nicht hier rein aber wie war das noch gleich?

Spieler kommen zur Polizei
"Hilfeeeee Hilfeeeee. Wir brauchen gnanz dringend ganz viele Waffen weil da drausen böse Kultisten was ganz schreckliches Beschwören das wir vernichten müssen"
Frank unterstellt uns vielleicht, daß es bei uns in dieser Art zur Sache geht. Ich habe schon öfters versucht in einem persönlichen Gespräch das richtig zu stellen. Scheinbar erfolglos, da dieses Argument noch immer kommt, weil Vera das Szenario in einer Splatterorgie abgebrochen hat.
DonJohnny hat geschrieben:
Lhankor Mhy hat geschrieben:Also ist durchaus eine gewisse Änderung in der Art Cthulhu zu spielen zu erkennen
also doch ?
Ja. Aus dem fremdsprachigen Text konnten meine hier angestellten Übersetzer entnehmen, daß sich Cthulhu (und die Meinung des Schöpfers des Rollenspiels) zwischen 1982 und 1994 geändert hat. *oh Wunder* Zischen 1994 und 2003(!) hingegen scheint eine leicht Trendwende hin zum Nichtbeschreiben zu gehen, aber die Betonung bei Horror geblieben zu sein.
DonJohnny hat geschrieben:
Lhankor Mhy hat geschrieben:Können wir diese Leiche jetzt endlich beerdigen, oder muß sie nochmals zur Obduktion auf den Tisch?
erst will ich es noch verstehen (sonst halten mich alle noch für bescheuert)
Und das ist auch richtig so. Wer will schon dumm sterben? 8)
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Lhankor Mhy
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Beitrag von Lhankor Mhy »

Daniel hat geschrieben:Wohl keiner wußte, daß der letzte Stand deiner Cthulhu-Welt dem von 1982 ensprach.
Falsch und absichtlich böswillig formuliert. Warum? Du hattest schließlich die Behauptung aufgestellt, daß sich die Spielweise nie geändert hätte. In dem von mir zitierten Artikeln stellt sich aber durchaus eine Änderung der Spielweise dar, die ja auch nach 1994 weitergegangen ist.
Daniel hat geschrieben:Daraus entstehende Diskrepanzen sind nicht nur natürlich, sondern sogar zu erwarten. Daß du nicht einmal "Updates" von 1994 kanntest wußte ich ebenso wenig.
Schon wieder falsch und boshaft. Sag mir, merkts Du eigentlich, daß DU gerade dabei bist mich als "Cthulhu-Ketzer" anzuklagen und mir Den Einen Wahren Weg zu Spielen zu predigen? Mir wird gerade ganz anders... 8O
Daniel hat geschrieben:Und seit dem hat sich zumindest in Deutschland (durch Frank Hellers Schirmherrschaft) vieles sogar zum Positiven, also hin zum Beschreiben durch Nicht-Beschreiben hin entwickelt, was wohl eher deinem Stil entsprechen dürfte, als die mit lächerlichen Monster-Abbildungen verzierte amerikanisch Regelausgabe von 1982.
Was "meinen" Stil anbetrifft, so ist dieser Dir trotz meiner Bemühungen augenscheinlich nicht wirklich klar geworden, was aber nicht der Punkt dieses Diskussions-Fadens ist. Der Punkt ist, daß Du gerade predigst.
Daniel hat geschrieben:[Noch mehr Würmer]
Eines noch. Nur noch eines.
Daniel hat geschrieben:Es geht um die Basis (Matrix) als eine Art Anker der Verläßlichkeit [Ergänzung: zwischen Spieler und Spielleiter]. Das was alle immer spielen können, wenn auch sonst nix mehr an Motivation geht. Ein "Investigator" sein!
Wenn sonst nichts mehr an Motivation da ist, dann nenne ich dies ein schlecht konzipiertes Szenario. Die Motivationsfrage ist bei ALLEN Rollenspielen eine essentielle. Wenn die Motivation der Charaktere stimmt, dann läuft das Szenario wie von selbst. Eine Motivation kann sich während des Szenarios auch durchaus ändern. Wenn aber anfänglich keine Motivation da ist, dann gibt es außer einer ungesund übersteigerten Neugier der Charaktere KEINE Motivation. Das nennt man gemeinhin "unmotiviert". So etwas ist im Film, in der Literatur und im Rollenspiel nie eine gute Sache.
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DonJohnny
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Beitrag von DonJohnny »

So,ich habe jetzt fast alles verstanden bis au die eine berüchtigt Frage
Daniel hat geschrieben: Aber es gibt eben auch genügend (äußerst hübsche) Szenarien, die sich der berüchtigten Cthulhu-Matrix bedienen. Diese kann als Basis für den Verlauf eines "Standard"-Cthulhu-Szenarios gesehen werden.
Was ist die Matrix ?
"Und ich vermache meinen 1972er Gran Torino in Freundschaft an Thao Vang Lor. "
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Daniel
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Beitrag von Daniel »

DonJohnny hat geschrieben:So,ich habe jetzt fast alles verstanden bis au die eine berüchtigt Frage
Daniel hat geschrieben: Aber es gibt eben auch genügend (äußerst hübsche) Szenarien, die sich der berüchtigten Cthulhu-Matrix bedienen. Diese kann als Basis für den Verlauf eines "Standard"-Cthulhu-Szenarios gesehen werden.
Was ist die Matrix ?
Etwas länglich... sorry. Aber muß sein.
Arkham Chronicle hat geschrieben: Die Cthulhu - Matrix

Von Frank Heller


Kennen Sie dieses Abenteuer? Ein Freund/Bekannter/Auftraggeber bittet die Charaktere, sich doch auf die Suche nach einer verschwundenen Person zu machen. Nach ersten Nachforschungen am Wohnort des Verschwundenen, die in der Regel zumindest einen Besuch der Bibliothek mit einschließen und erste Anhaltspunkte liefern, suchen die Charaktere die Ortschaft oder Gegend auf, in der der Verschwundene zuletzt gesehen wurde. Hier fragen sie sich bei Polizei, Zeitung, allen auffindbaren Archiven durch, reden mit allen in Frage kommenden Personen. Der Spielleiter reicht seinen Spielern nach und nach pro Station einen oder mehrere Handouts. Aus diesen ergibt sich dann ein in etwa erahnbares Gesamtbild. Die Charaktere begeben sich aufgrund dessen zum Ort des Finales, an dem sich eine Gruppe übler Kultisten irgendeiner Mythosgottheit zusammengefunden hat, um just im Moment des Eintreffens der Charaktere eine Opferzeremonie mit dem Gesuchten durchzuführen. Diese können die Charaktere im letzten Moment unterbrechen. Ja, nicht wahr, Sie kennen dieses Abenteuer! Sie haben es nämlich schon bestimmt dutzendfach geleitet oder gespielt. In immer anderen Nuancen vielleicht, aber eigentlich war es immer nur ein und dasselbe Abenteuer. Gut, beim einen Mal ist die Mythosgottheit Shub-Niggurath, beim nächsten Mal dann dafür Nyarlathotep. Der Verschwundene ist mal ein Kollege, mal ein Studiengenosse, mal ein Schulfreund. Manchmal ist es auch nicht ein Verschwundener, der Anlass für die Untersuchungen ist, sondern ein Toter, der gefunden wird. Das ist jedoch nur eine zu vernachlässigende Nuance, der weitere Ablauf des Abenteuers ist identisch: Man sucht nun nicht den Verschwundenen, sondern verfolgt seine letzten Schritte, die jedoch unweigerlich wieder in das Finale mit den Kultisten einmünden, die zufällig genau in diesem Augenblick eine Beschwörung durchführen. Und natürlich hat das Abenteuer jedes Mal woanders gespielt; aber ob die Orte nun Ashbury, Mapleton oder Greenville hießen (bei einer deutschen Kampagne meinetwegen Neustadt, Altdorf oder Hohenheim), immer gab es eine kleine Polizeistation, eine kleine Bücherei, eine kleine Zeitung und eine Reihe von Einwohnern, die man befragen musste. Ja, sicher, die Namen der Personen waren natürlich auch jedes Mal anders. Aber wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben: Es ist immer dasselbe Szenario. Je geschickter der Spielleiter, umso eher wird er überspielen können, dass er immer und immer wieder das gleiche Abenteuer anbietet: indem er etwa den Ort des Finales ständig ändert - mal in einer Höhle, mal in einer Burgruine, mal in einem Wald ... Aber natürlich ist es immer der Ort, an dem sich die Kultisten treffen, um ihre unheiligen Zeremonien abzuhalten. Manchmal wird dieses Abenteuer noch weiter garniert: Wer die Traumlande-Box sein Eigen nennt, will gelegentlich und mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf einen Ausflug in die Traumlande im Rahmen seines Abenteuers nicht verzichten. Ergänzen Sie also einfach obiges Schema durch einen dem Finale vorgelagerten Abschnitt, der in den Traumlanden angesiedelt ist. Möglicherweise ist die Variante mit den Traumlanden aber einfach auch nur so gewählt, dass das gesamte Finale eben nicht allein in jenem Wald, jener Höhle oder jener Burgruine stattfindet, sondern das Ganze zudem noch in den Traumlanden liegt. Schon hat der Spielleiter die Möglichkeit, seine Traumlande-Monstersammlung zu zücken und einige zusätzliche Begegnungen einzubauen, durch die er den Eindruck erwecken kann, das Abenteuer unterscheide sich von demjenigen von letzter Woche, wo es eben nicht die Männer von Leng waren, sondern Gugs, die den Charakteren begegneten. Das eine Abenteuer Als sei es ungeschriebenes Gesetz, wird an einer sicher nicht unerheblichen Zahl von Cthulhu - Spieltischen auf der gesamten Welt immer wieder und wieder das Eine Abenteuer zelebriert. Ein Abenteuer, das auf dem genannten Grundschema basiert. Der Cthulhu-Matrix. So will ich es nennen. Eine Blaupause, nach der unglaublich viele Abenteuer konstruiert sind. Eine Art von mathematischem Schema, das hinter dem Gerüst des Abenteuers liegt. Das durch neue Varianten, Monster, Schauplätze, Namen verdeckt wird. Das aber mit einer beharrlichen Regelmäßigkeit immer wieder in Abenteuern anzutreffen ist. Vor allem von Spielleitern für ihre eigenen Runden selbst entworfene Abenteuer sind davon leicht einmal betroffen. Aber nicht nur dort findet sich die Cthulhu-Matrix. Nein, weit gefehlt, schon seit den Anfängen des Spiels zieht sich die Cthulhu-Matrix quer durch alle möglichen professionellen Veröffentlichungen. Machen Sie sich, wenn Sie mögen, einmal die Mühe und schauen die weit über 200 auf Deutsch und Englisch veröffentlichten Abenteuer auf die Cthulhu-Matrix hin durch. Das Ergebnis wird durchaus interessant sein. Es sind mehrere Dutzend Matrix-Abenteuer darunter und gerade unter den auf Deutsch veröffentlichten Abenteuern früherer Jahre war sie häufig anzutreffen. Ein Spielleiter, der ausschließlich auf deutsche Abenteuer zurückgreift, kommt eigentlich gar nicht daran vorbei, seine Spielrunde immer wieder mit dem Muster der Cthulhu-Matrix konfrontieren. So wird er auch selbst ständig damit konfrontiert, was in die fatale Überzeugung münden mag, dass ein Cthulhu-Abenteuer genau so gestrickt sein muss. Aber woher kommt es eigentlich, dass Spielleiter und Autoren immer wieder gerne auf die Cthulhu-Matrix zurückgreifen? Einmal ist es sicher so, weil es eben so viele derartige Abenteuer gibt und man bald glauben könnte, ein Abenteuer müsste eben auf diese Weise aufgebaut sein. Zudem hat die Matrix den Vorteil, dass ein geeigneter Spannungsbogen vorprogrammiert ist. Ein mysteriöser Einstieg, Recherchen und Rollenspiel, schließlich ein vielleicht furioses Finale. Was man dabei vielleicht im ersten Moment nicht bedenkt ist, dass dies sicherlich einige Male auch funktioniert, aber eben nur so lange, bis die Spieler das Abenteuer dann quasi schon kennen. Zum Dritten spielt sicher auch eine Rolle, dass das erste Abenteuer für Cthulhu, das man als Spieler oder Spielleiter erlebt, auch häufig als das "beste" empfunden wird. Wer erinnert sich nicht gerne an jene erste Sitzung, in der man zum ersten Mal in die Welt von H.P. Lovecraft eingetaucht ist. Erinnern Sie sich vielleicht selbst mal zurück, bestimmt denken Sie selbst gerne an Ihr erstes Cthulhu-Abenteuer. Wenn man das erste Abenteuer also in der Regel als besonders spannend empfindet, liegt es nur nahe, auch später zu versuchen, es weiterhin so zu machen wie damals. War das erste Abenteuer aber eines auf Grundlage der Cthulhu-Matrix, wofür die Chancen wie angesprochen nicht schlecht stehen, dann ist die Folge, dass dieser Spielleiter auch später gerne auf die Cthulhu-Matrix zurückgreift. Das wird ihm dabei nicht auffallen. Vielleicht ist es ihm auch egal. Vielleicht macht es die Matrix auch gerade aus, dass man immer wieder ein bestimmtes Schema zelebrieren kann. Übrigens hat man als Spielleiter natürlich auch nicht viel Arbeit, wenn man jede Woche das gleiche Abenteuer leitet. Mal eben aus dem Telefonbuch ein paar neue Ideen für Namen geholt und nach neuen Monstern gesucht und schon geht es ab. Wobei man natürlich auch damit einige Zeit Spaß haben kann, gerade die ersten Male wird man es ja noch gar nicht merken, dass man vielleicht immer wieder das gleiche Abenteuer spielt. Doch mit der Zeit schleift sich die Routine ein und dann sitzt man fest in der Matrix. Zutaten eines gelungenen Abenteuers Wie ist es eigentlich möglich, dass viele der Matrix-Abenteuer so monoton und wenig befriedigend sind, aber einige wenige trotz der Cthulhu-Matrix gut? Denn natürlich ist es auch bei einem Abenteuer auf der Grundlage der Cthulhu-Matrix sehr gut möglich, es zu einem spannenden Erlebnis zu machen. Das gilt beispielsweise, wenn das Abenteuer um die Matrix herum derart viele begeisternde Ideen bereithält, dass diese nicht weiter auffällt. Wer aber nur das Grundgerüst heranzieht und wem es dann nicht gelingt, eine originelle und fesselnde Handlung darauf zu setzen, gerät schnell in Gefahr, ein typisch langweiliges und vorhersehbares Abenteuer nach der Cthulhu-Matrix zu erschaffen. Es muss gelingen, das Abenteuer nicht zum Sklaven der Matrix zu machen, sondern umgekehrt die Cthulhu-Matrix für erzählerische Kniffe zu instrumentalisieren, zu benutzen. Es sind eben eine ganze Reihe von Faktoren, von denen die Qualität eines Abenteuers abhängt. Die Cthulhu-Matrix beeinflusst einige davon, aber eben nicht alle. Sind außer dem standardisierten Ablauf im Sinne der Matrix alle anderen relevanten Faktoren optimal und begeisternd, kann das Abenteuer eben trotzdem sehr gut sein. Doch wird es sehr schwierig, alle anderen Aspekte optimal einzubringen. Es soll hier auch gar nicht eine Anleitung gegeben werden, wie man mit der Matrix ein gutes Abenteuer hinbekommt. Vielmehr sollte jeder Spielleiter anstreben, ohne die Matrix auszukommen beziehungsweise derartige Abenteuer nur so selten einzusetzen, dass dieses immer gleiche Schema nicht völlig seinen Reiz verliert und zur Routine verkommt. Gelingen ihm dann noch alle anderen Faktoren, die ein gutes Abenteuer ausmachen, wird das Ergebnis erheblich besser sein, als wenn der der Cthulhu-Matrix gefolgt worden wäre. Ein sehr wichtiger Faktor ist eben der Ablauf der Handlung. Ist dieser im Sinne der Cthulhu-Matrix voraussehbar und geradlinig, führt das in vielen Fällen schon dazu, dass das Abenteuer (den hoffentlich) kritischen Spielern nicht recht Freude machen will. Vielleicht vergleichbar mit der zehnten Fortsetzung eines ursprünglich erfolgreichen Filmes, bei dem man den Ablauf schon wirklich vorhersehen kann und sich nur noch langweilt. Ein anderer Faktor, der bei der Bewertung eines Abenteuers eine Rolle spielt, ist etwa die Originalität der verarbeiteten Ideen. Wieder ist es bei Matrix-Abenteuern so, dass hierfür kaum Raum bleibt. Schließlich ist der Ablauf so vorgegeben, dass sich nur kleine neue Ideen einbauen lassen, aber keine plötzlichen Wendungen, Überraschungen. Dann wäre es schließlich auch kein Matrix-Abenteuer mehr (was wiederum natürlich wünschenswert wäre). Wichtig ist zudem ein richtiger Spannungsbogen im Abenteuer. Das mag einer der wenigen vermeintlichen Vorteile der Cthulhu-Matrix sein, denn hier stimmt der Spannungsbogen grundsätzlich erst einmal schon. Leider ist es dann aber wiederum alles andere als spannend, in jeder Spielrunde wieder den gleichen Ablauf des Abenteuers zu haben. Dann ist auch die Spannung nicht mehr da. Ein weiterer Faktor, der ein gelungenes Abenteuer ausmacht: Die Ereignisse müssen in sich stimmig und glaubwürdig sein. Ein Abenteuer lebt eben davon, dass es mit Sorgfalt erstellt wird, keine schweren logischen Fehler enthält und problematische Aspekte nicht mit einfachen, aber an den Haaren herbeigezogenen Erklärungen gelöst werden. Dass es also schlicht und einfach insgesamt glaubwürdig ist. Beispiel: Bei einem im Internet veröffentlichten Cthulhu-Abenteuer (sehr schön aufgemacht übrigens) liegt ein wichtiger Handout in einem Museum offenbar unentdeckt schon Jahrzehnte auf dem Boden herum. Die Spieler jedoch entdecken ihn bei ihrem ersten Besuch mit einem einfachen Fertigkeitswurf sofort. So eine hanebüchene Erklärung wird man wohl kaum einer auch nur etwas kritischen Spielergruppe vorsetzen können. Vielleicht ist das Abenteuer sehr schön gelungen, die Spieler sind motiviert dabei, die Stimmung passt - aber dann kommt so etwas vor. Leicht möglich, dass dadurch das ganze Abenteuer schon verdorben ist, man es dann auch insgesamt nicht mehr ernst nehmen mag. Dabei hätte man im Beispiel mit etwas mehr Nachdenken und Grübeln sicherlich eine glaubwürdige Lösung gefunden, ohne das Abenteuer besonders umschreiben zu müssen. Besonders wenn Aufmachung und Recherche des Abenteuers ansonsten zu begeistern wissen, ist so etwas besonders schade. In eine ähnliche Richtung geht der Faktor Stimmigkeit bei der Mythosbezogenheit. Ist das Abenteuer hübsch und nett, der Autor bringt jedoch ganz haarsträubende Elemente in das Geschehen ein, die mit dem Mythos wirklich in keinster Weise zu vereinbaren sind, wird dies einen Neueinsteiger als Spieler vielleicht nicht stören, alle andere aber können dann das Abenteuer nicht mehr ernst nehmen und daher kaum noch genießen. So gibt es etwa ein Abenteuer, in dem eine Gruppe von Kultisten Cthulhu quasi in ihrem Dorfteich erweckt. Wie der Gute von R`lyeh im Pazifik bitte nun an diesen Ort gelangen soll, bleibt vollkommen schleierhaft. Vermutlich platzt demnächst auch einmal ein Nachbarhaus der Charaktere auseinander, weil ein Nachbar (Hobby-Kultist) mal eben Cthulhu in seinem Waschbecken beschwört? Es ist bei H.P. Lovecrafts Cthulhu ja nun nicht so wild wie etwa bei DSA, wo man schon bei nicht sehr eingreifenden eigenen Ideen schnell in Konflikt mit den offiziellen Beschreibungen gerät. Der gesamte Mythos ist bewusst nicht im Detail festgelegt und lässt viel Raum für eigene Einfälle. Aber so einige Aspekte sind eben doch so festgelegt, dass sie einfach zu beachten sind, wenn das Abenteuer glaubwürdig und ernst zu nehmen bleiben soll. Dass zudem die Vermittlung von Atmosphäre besonders in einem Cthulhu-Abenteuer ein wichtiger Faktor ist, wird wohl niemand bezweifeln. Gerade die deutsche Abenteuerszene für Cthulhu zeichnet sich dadurch aus, dass bei vielen Abenteuern ein großer Aufwand an Recherche betrieben wurde. Gewollter und positiver Verdienst von Steffen Schütte, Jürgen Pirner und dem Laurin-Verlag, der mit dem Abenteuer "Schwarzwald-Requiem" den Beginn dieser deutschen, eigenständigen Stilrichtung gemacht hat, die sich durch große Authentizität und Nähe zur "Realität" auszeichnet. Das ist nur möglich durch gute Recherche. Erfreulich ist, dass selbst eine ganze Reihe von Abenteuern in Zeitschriften, auch in dieser, durch einen gewissen Aufwand an Recherche glänzen. Das gilt sogar für allein im Internet veröffentlichte Abenteuer wie "Die Nürnberger hängen keinen". Gute Recherche kann auch tatsächlich ein wichtiger Faktor sein, der die Qualität eines Abenteuers und den Spielgenuss deutlich steigert. Doch, das darf man nie aus den Augen verlieren, gute Recherche allein reicht eben für ein gelungenes Abenteuer nicht aus. Auch die anderen Faktoren müssen stimmen. Originelle Ideen, ein fesselnder Plot, geschickter Spannungsbogen sind jedenfalls allemal wichtiger als ein großer Rechercheaufwand. Denn: Recherchieren ist vor allem Fleißarbeit. Eine Kunst ist es dagegen, ein wirklich gutes Abenteuer daraus zu schreiben. Es sind sicherlich auch noch andere Faktoren, die für ein gelungenes Abenteuer eine Rolle spielen. Auch professionelle Autoren bekommen es nicht immer hin, dass alles optimal präsentiert wird. Deshalb gibt es ja auch geniale, gute und weniger gute Abenteuer. Und weil alle diese Faktoren eine Rolle spielen, ist es nicht automatisch so, dass Matrix-Abenteuer schlecht sind und alle anderen gut. Wie gesagt, wenn sonst alles stimmt, wird ein Matrix-Abenteuer allemal besser sein als ein Abenteuer mit einem anderen Handlungsverlauf, das aber ansonsten uninspiriert und langweilig ist. Ihre Spieler werden es danken! Richtig bleibt aber die Aussage, dass ein Matrix-Abenteuer, das ansonsten gut ist, nochmal besser würde, wenn es dem Autor auch noch gelingen würde, aus dem Schema der Cthulhu-Matrix auszubrechen. Und richtig ist auch, dass ein Autor, der sich nach der Cthulhu-Matrix richtet, es deutlich schwerer hat, in diesem Schema Originelles unterzubringen. Deshalb hat ein Abenteuer in jedem Fall schon viel gewonnen, wenn es nicht der Cthulhu-Matrix folgt. Denn dann ist der Autor gezwungen, sich einmal eigene Gedanken über einen neuen Einstieg zu machen, über den Ablauf der Handlung. Durch eigenes Durchdenken ergeben sich zwangsläufig auch neue, eigene Ideen. Man wird als Autor zwangsläufig dazu gezwungen, originell zu sein. In jedem Fall kann das Abenteuer dadurch nur an Qualität gewinnen. Wir alle sollten also den Mut fassen, nun, wo die Cthulhu-Matrix erkannt ist, einmal ganz andere Abenteuer zu erschaffen, mit ganz neuen Ideen, mit einem anderen Einstieg ins Abenteuer, einem unerwarteten Handlungsverlauf. Und: Nicht immer muss es ein Kult sein, der hinter dem "Bösen" steht. Auch hier sind neue Ideen und Einfälle gefragt. Und Sie werden merken: Die Spieler danken es Ihnen.

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Beitrag von Daniel »

Lhankor Mhy hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Wohl keiner wußte, daß der letzte Stand deiner Cthulhu-Welt dem von 1982 ensprach.
Falsch und absichtlich böswillig formuliert. Warum?
Ja. Bestimmt. Da hast du ganz recht. Ich bin ganz deiner Meinung. Nur hattest du ein paar Stunden zuvor folgendes geschrieben:
Lhankor Mhy hat geschrieben:Also ist durchaus eine gewisse Änderung in der Art Cthulhu zu spielen zu erkennen. Diese Änderung habe ich nicht nachvollzogen, da mir die Art, wie ich CoC zu spielen kennengelernt und ausgeübt habe, über lange Jahre Freude gemacht hat.
Lhankor Mhy hat geschrieben:
Daniel hat geschrieben:Daraus entstehende Diskrepanzen sind nicht nur natürlich, sondern sogar zu erwarten. Daß du nicht einmal "Updates" von 1994 kanntest wußte ich ebenso wenig.
Schon wieder falsch und boshaft.
Siehe obiges eigenes Zitat.
Lhankor Mhy hat geschrieben:Sag mir, merkts Du eigentlich, daß DU gerade dabei bist mich als "Cthulhu-Ketzer" anzuklagen und mir Den Einen Wahren Weg zu Spielen zu predigen? Mir wird gerade ganz anders... 8O
Ich predige nicht. Zu Beginn des Diskussion sagte ich bereits, wie auch du, daß es die verschiedensten Arten zu spielen gibt. Das ist gut so. Was ich hier will ist aber schwelende Feuer einmal zum ausbrennen zu bringen, so daß diese keinen Nährstoff mehr haben. Und der Boden für die neue Saat bereit ist.
Lhankor Mhy hat geschrieben:Was "meinen" Stil anbetrifft, so ist dieser Dir trotz meiner Bemühungen augenscheinlich nicht wirklich klar geworden, was aber nicht der Punkt dieses Diskussions-Fadens ist. Der Punkt ist, daß Du gerade predigst.
Ja. Ich machte auf die Verbesserungen seit 1994 im deutschsprachigen Raum aufmerksam und wollte dein Interesse wieder Richtung Cthulhu lenken. Um ehemalige Cthulhu-Jünger zu bekehren und beim einzig Wahren zu halten ist mir kein Wort zu Schade. :wink:
Lhankor Mhy hat geschrieben:Wenn sonst nichts mehr an Motivation da ist, dann nenne ich dies ein schlecht konzipiertes Szenario. Die Motivationsfrage ist bei ALLEN Rollenspielen eine essentielle. Wenn die Motivation der Charaktere stimmt, dann läuft das Szenario wie von selbst. Eine Motivation kann sich während des Szenarios auch durchaus ändern. Wenn aber anfänglich keine Motivation da ist, dann gibt es außer einer ungesund übersteigerten Neugier der Charaktere KEINE Motivation. Das nennt man gemeinhin "unmotiviert". So etwas ist im Film, in der Literatur und im Rollenspiel nie eine gute Sache.
Es gibt Szenarien mit fehlender Motivation. Diese sind nicht das gelbe vom Ei, können aber trotzdem "nette Effekte" haben. Es gibt aber auch Szenarien mit Motivationslöchern für Charaktere, nur um diese im Nachhinein mit Motivation zu überfüttern. Und es gibt Szenarien, die eine kostante Motivation durchalten. Werten möchte ich an dieser Stelle jedoch keine Art von Szenario, da alle ihre Für und Wieder haben.

Nachtrag 1: Das besagte Szenario hat als Besonderheit, daß es die Spieler des anfänglichen Hooks beraubt. Absichtlich. Um eben eine neue Spielart des Schreckens zu präsentieren.

Nachtrag 2: Mein Post in welchem du mehrfache Bosartigkeit siehst, war als "versöhnendes" Post gedacht, da ich mir ja indirekt die Schuld gebe, nicht über deinen Spielstil informiert gewesen zu sein, und diese Information auch deshalb nicht an den Spielleiter weitergeben konnte.
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Beitrag von Christoph »

Meine 5 Cents (Ohne Öl ausgießen zu wollen)

1. Es gibt keine richtige Art, CoC zu spielen.

2. Der Reiz an CoC ist die gut erzählte Geschichte. Wenn das Abenteuer, wie auch immer es läuft, eine schöne solche ergibt, bestens, wenn aber SL und Spieler ihren Spaß daran verlieren, gibt es nur eine Lösung: Aufhören zu spielen.

3. Gretchenfrage Motivation
@Frank: Du bist bei Leibe nicht der einzige Mensch, der sich Gedanken um die CoC-Motivation macht. Diese Disskussion wird seit Jahren und in den letzten 24 Monaten besonders heftig geführt. Auch Abenteuer der alten Generation beinhalten massive Motvationslücken (vgl Froschkönigfragmente), die neueren nicht weniger, es kommen nur mehr raus, so dass es auffällt.
Ich stimme den Aüßerungen von Steffen Schütte, die besagen, jeder CoC-Spieler muss seinen Charakter so spielen, dass dieser investigativ dem Plot nachrennt, (Polemisch von mir zitiert, aber sinngetreu wiedergegeben :? ) da das ja Sinn eines Abenteuers ist, nicht zu. Ein Spielercharakter muss seine klare und unerschütterliche Motivation haben, sonst wird alles entsetzlich unglaubwürdig:

z.B:
Wenn mich ein Freund bittet, seinen verschwundenen Studienkollegen zu suchen (- Und ich das wirklich mache, weil ich mir von meinem Job freinehmen, meine Familie 5 Tage allein lassen kann und es überhaupt für sinnvoll erachte, jmd zu suchen, den ich gar nicht kenne, wobei das doch eigentlich Job der Polizei wäre und meine Kontakte mit Crime sich auf Lektüre von spannenden Zeitungskrimis und Radiohörspielen beschränkt,... -) und ich das erste Mal auf etwas wirklich komisches stoße, überall angepöbelt werde, in Kellerlöchern schlafe, ectr, dann reise ich auch ab... Scheiß auf Investigation, wenn das Teil Tentakel hat...

Spukhaus??? Wenn ich herausfinde, dass es so ein Teil doch gibt, verweigere ich die Erbschaft und verkaufe es/brenne es nieder...

Und noch so unendlich viele Bsp mehr...


Motivation ist neben einem guten innovativen Plot das wichtigste. Deswegen schreibe uch leite ich fast nur noch One-Shots, da man da den Plot um eine Motivation herumschreiben kann. [By the way: Und dass ihr damals die ICARUS nicht akribisch durchsucht habt, war kein Problem, denn das normale Stillen eurer Neugierde hat euch alle Infos gebracht, die ihr benötigt hättet... Und es war eine tolle Geschichte.]
Halbwissen macht frech!

Lasst Rollenspieler die Welt retten - Wir haben in sowas praktische Erfahrung.

“That's one of the remarkable things about life. It's never so bad that it can't get worse.”
-Calvin-
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Beitrag von Daniel »

Christoph hat geschrieben:[...] Ich stimme den Aüßerungen von Steffen Schütte, die besagen, jeder CoC-Spieler muss seinen Charakter so spielen, dass dieser investigativ dem Plot nachrennt, (Polemisch von mir zitiert, aber sinngetreu wiedergegeben ) da das ja Sinn eines Abenteuers ist, nicht zu. Ein Spielercharakter muss seine klare und unerschütterliche Motivation haben, sonst wird alles entsetzlich unglaubwürdig [...]
Nun ja... Steffen Schütte leitet offensichtlich im Schnitt einmal die Woche Cthulhu. Und dafür jedes Mal das Rad (der Motivation) neu zu erfinden ist nicht nur Mühsam, sondern über die vielen Jahre gerechnet sicherlich schlicht unmöglich. Es besteht eben m.E. ein Unterschied, ob man seinen Spielern ein Mal ein einzigartiges Spielerlebnis mit großer "Sog-Wirkung" präsentieren will, oder ob man "wie jedes Wochenende eine Geschichte spielt" mit dem Hauptgrund des geselligen Zusammenseins.

Anderes Beispiel: Bei häufigem Spielturnus ist ein Spielleiter schon fast dazu gezwungen, auch einmal auf vorhandenes Material zurückzugreifen, um den Zeitaufwand in einem Rahmen zu halten. Und dieses publizierte Material folgt eben nur zu oft der Cthulhu-Matrix und kann Motivationsmängel haben.

Noch ein Beispiel: Für Kampagnenspiel, oder Episodenspiel kann nicht für jeden Cahrakter zu jeder Zeit eine perfekte Motivation bestehen. Ich meine damit, daß verschiedenste Szenarien mit ein und demselben Charakter durchlebt werden (worin einige auch einen Reiz des Rollenspiels sehen). Zu verschieden sind hier die Motivationen der einzelnen Szenarien. In so einem Fall (aktuell Siegfriedslust) informiere ich dann meine Spieler darüber, daß der jetzige Charakter nicht der geeignetste ist für dieses Szenario, er jedoch den Charakter "auf eigenes Risiko" spielen darf. Die Motivation muß dann der Spieler übernehmen.
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Beitrag von Christoph »

Da stimme ich dir zu, allerdings wirft sich hier (aml wieder) die Frage auf, ob CoC überhaupt Kampagnentauglich ist... Das soll jedem selbst überlassen sein, denn jeder spielt wie er will...

Ein teuflischer Kreislauf. :D
Halbwissen macht frech!

Lasst Rollenspieler die Welt retten - Wir haben in sowas praktische Erfahrung.

“That's one of the remarkable things about life. It's never so bad that it can't get worse.”
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Lhankor Mhy
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Beitrag von Lhankor Mhy »

Nachdem ich im heutigen Gespräch mit Daniel seine Beweggründe für diesen Thread dargelegt bekommen habe, scheint diese ganze Diskussion mit meiner persönlichen Art des Spielens und der Einschätzung einiger Vereinsmitglieder diesbezüglich zu tun zu haben. Darum antworte ich hier einmal direkt auf den ersten Beitrag im Thread, um ein wenig meine Sicht darzulegen, obwohl ich gar nicht verstehe, wo das Problem ist.

Das Spiel bei dem Ulm-Szenario ist m.E. schlecht gelaufen, da das Szenario erhebliche Motivationsschwächen gerade in der kritischen Anfangsphase hat. Wenn ein Charakter aber keinen Grund (mehr) hat, irgendwo seine Nase hineinzustecken, weil das jemand in seinem kulturellen Umfeld (1920er Jahre, Nach-Weltkriegs-Deutschland) niemals machen würde (Obrigkeitsstaat, Omnipräsenz von Polizei und Militär, die sich professionell um "solche Sachen" kümmern), dann funktioniert der Einstieg in das Szenario nicht.

Man müßte bei solchen Szenarien grundsätzlich vorgefertigte Charaktere, die garantiert passen, beilegen und vehement empfehlen nur diese und keine anderen zu nehmen. Dann könnte man sich natürlich die gesamten Regelseiten zur Charaktergenerierung sparen, da man augenscheinlich ja nicht wirklich individuelle Charaktere in (Kauf-)Szenarien spielen kann (bei Self-Made-Szenarien ist das natürlich anders).

Hier nun meine Antworten auf die ursprünglichen Vorwürfe:
Daniel hat geschrieben:...Eine einzig wahre Art und Weise ein Rollenspiel zu spielen kann es natürlich nicht geben, da die Geschmäcker verschieden sind.
Genau! Das war und ist beständig meine Rede. Daher gibt es eben so viele unterschiedliche Stile im Rollenspiel - und das ist gut so.
Daniel hat geschrieben:Jedoch wurde auf der Vereinshütte '03 eine leider fruchtlose (aber deshalb nicht weniger interessante) Diskussion entfacht, wie Cthulhu am besten / richtigsten / schönsten / spaßigsten / originalgetreusten / ... zu spielen ist.
Die Diskussion mußte fruchtlos sein, da es um Geschmacksfragen ging. Das ist wie beim Sex. Da gibt es nicht richtig oder falsch. Es ist auch im Rollenspiel immer nur die Frage, finden alle Beteiligten die Sache so wie sie gemacht wird gut und haben ihren Spaß, oder fühlt sich jemand dabei unwohl. Wenn letzteres, dann muß man sich jemanden suchen, der besser zu einem paßt. Das ist auch kein Problem, sondern in allen Geschmacksfragen die Normalität. Ich mag lieber Burger King als MacDonalds. Da werde ich gerade noch diskutieren, wo man am meisten Spaß mit den Burgern und Pommes hat. Das muß fruchtlos sein.

Die Diskussion ging aber, soweit ich meiner Erinnerung noch trauen darf, um solche Fragen wie: Ist es überhaupt möglich/sinnvoll/gewollt, daß es Cthulhu-Charaktere gibt, die 10 Jahre Echtzeit kontinuierlich gespielt werden? Ich sage dazu: ja, wenn Spieler und Spielleiter solche Kampagnen spielen, in denen das möglich ist, und sie ihren Spaß dabei haben, dann ist alles möglich/richtig/sinnvoll. Mein Charakter mit der längsten Lebensdauer hat drei Jahre Spielzeit überstanden, bevor er leider das Zeitliche segnen mußte.

Hier einmal meine Erfahrungen aus langen Jahren Cthulhu-Spiel (als Zweit-Rollenspiel):
Wenn die Kampagne langsam und vorsichtig anfängt, ein längerer Meta-Plot verfolgt wird und ein wichtiges Kampagnen-Ziel die innere Entwicklung der Charaktere ist (wie ja auch bei Engel), dann muß ein Charakter länger überleben können (daher ist bei Engel das Ableben eines Charakters z.B. völlig in die Hände des Spielers selbst gelegt). Wenn ich eine Trilogie oder Helden-Saga schreiben will, dann bringe ich meine Helden nicht in Kapitel 1 um. Sonst kann ich nur Kurzgeschichten schreiben, was an sich vollkommen in Ordnung ist. Lovecraft hat sehr viele Kurzgeschichten geschrieben, aber auch längere Romane, in denen nicht sofort der Charakter umkommt. Auch in seinen Kurzgeschichten kommt nicht jedesmal der Held um - vornehmlich sterben die neugierigen Helden eine schrecklichen Tod, während die vorsichtigen überleben, um von den schrecklichen Ereignissen Zeugnis zu geben.

Da ich gerne Charakterentwicklung spiele (meine persönliche Vorliebe), mag ich mir nicht für jedes Szenario einen neuen Charakter vom Endlospapier abschneiden müssen. Diese Charaktere sind dann vielleicht als "one shot"-Charaktere besser passend für ein beliebiges (Kauf-)Szenario. Für eine Kampagne jedoch braucht es eine Anfangsmotivation und ebenso eine stete Erneuerung bzw. ein Wandel (nicht ein Abebben) der Motivation des Charakters. Man erlebt Dinge, die die Sicht auf die Welt, wie man sie bisher kannte, erschüttern. Dadurch erhält das gesamte Werte-Set einen Impuls zur Neuordnung. Was dabei herauskommt sind "Aussteiger" aus der normalen Gesellschaft. Diese werden mit laufender Kampagne immer mehr ihrer ursprünglichen Umgebung entfremdet und suchen sich die Gesellschaft von "ihresgleichen". Das ist das Tolle an Cthulhu: ich fange mit ganz normalen Menschen an, die sie sich unter dem Entsetzlichen des Mythos wandeln und/oder sterben/wahnsinnig werden. Das sind für mich die "Helden" in Cthulhu-Szenarien. Ein echter Held ist immer jemand, der gegen äußere und mehr noch innere Widerstände das tut, was er für richtig hält - und Erfolg hat oder beim Versuch umkommt (aber wenigstens mit Charakter!).

Ich kann keine echte Beziehung zu einem Charakter aus der Klon-Mühle aufbauen, von dem ich schon im voraus weiß, daß er den heutigen Abend nicht überstehen wird. Ich will aber immer eine Beziehung zu meinen Charakteren haben, da ich der Meinung bin, daß man immer einen Teil eigener Persönlichkeit in das Spiel seiner Charaktere legt. Das geschieht ganz unbewußt. Mit den Jahren ist mir immer offenbarer geworden, daß es so ist. Das ist sicher ein Grund für mich im reifen Alter noch Rollenspiele zu spielen. Es ist im besten Sinne faszinierend.

So habe ich Cthulhu im Spiel kennengelernt:
In meinen aktiveren Cthulhu-Zeiten haben wir bei unseren Szenarios durchaus eine gewisse Sterblichkeit gehabt. Mir ist aber nur ein Szenario präsent, wo wirklich alle umgekommen wären. Zumeist war es zwischen ein Viertel bis der Hälfte der Charaktere (meist die "Muscles" nicht so oft die "Brains"). Man kann den Kampagnen-Plot sehr gut an einem "Brain"-Charakter wie einem Professor, einem Author etc. festmachen, die eben nicht "ins Feld" ziehen, sondern dafür immer mal wieder Detektive, Assistenten etc. losschicken. Deren Schicksal ist zumeist ein Grauenhaftes. Aber der Plot-Träger wird nicht gleich geopfert, sondern gleitet nur langsam in den Wahnsinn ab, wobei er versucht das Richtige zu tun, mehr in Erfahrung zu bringen und dabei noch ein menschliches Wesen zu bleiben. In manchen längeren Runden haben wir es so eingerichtet, daß ein Spieler zwei Charaktere spielt. Ein "Brain" und einen "Muscle"-Charakter. Das hat super geklappt, da die aktive Ermittlungsarbeit vor Ort riskant ist und man trotz Verlust des Feldagenten noch einen Charakter im Spiel hat, an dem die Erkenntnisse zusammenlaufen. Diese "Brain"-Charaktere haben ganz anderer Risiken, als direkt von Kultisten umgebracht zu werden (naja, das kam auch mal vor): sie sind es, die die verbotenen Bücher lesen und ihre Sanity wegbrennen, indem sie versuchen zu verstehen, was in der Welt vorgeht. Sie sind es auch (Ramieliten lassen grüßen), die nicht alles Wissen, über das sie verfügen, wirklich weitergeben, da es zu schrecklich für die Leute im Felde wäre. Diese müssen nur soviel Wissen, daß sie ihre Einsätze überleben können. Die "Brains" wissen mehr, als gut für sie sein kann.

Ich habe den typischen Splatter-Filmen nie etwas abgewinnen können. Zu meiner Anfangszeit im Rollenspiel gab es als stärksten Konkurrenten zu "Call of Cthulhu" das Spiel "Chill". Dieses hat mehr den klassischen Horror (Zombies eat my brains) und typische Splatter-Szenarien zum Ziel gehabt.

Ich habe Cthulhu auf einem Con in Hamburg 1982 kennen- und schätzen gelernt. Das Tolle an Cthulhu war und ist für mich, daß ich keinerlei Quellenbände über das Regelwerk hinaus jemals anschaffen muß. Ich brauche nur ein paar gute Geschichtsbücher, eine Bibliothek in der Nähe und (heute) das Web um alles, was ich über eine bestimmte Epoche unserer Geschichte wissen will, zu recherchieren (Ha! Die Recherche ist ja schließlich auch die Hauptbeschäftigung der Spielercharaktere.). Was mich fasziniert hat, ist, daß man bei Cthulhu die Stimmung wie sie z.B. in "The Haunting" aufgebaut wird (ich meine NICHT das moderne Remake!), einfangen und im Rollenspiel rüberbringen kann.

Nach meiner ersten Begnung mit Cthulhu - wo mein Charakter durch einen irren Kultisten mittels eines üblen Zaubers zerlegt wurde - hatte ich mir einen ersten Kurzgeschichtenband von H.P.Lovecraft besorgt. Ich habe nur den Fehler gemacht, ihn gleich abends "zum Einschlafen" lesen zu wollen. Meine erste Lovecraft-Geschichte "Pickman's Model" hat mich so gepackt, daß ich ganz kribbelig wurde. Ich wollte eigentlich schlafen, andererseits wollte ich jetzt mehr wissen, was es noch alles in dieser verstörenden Welt gab. Ich habe das Buch in einem Zuge durchgelesen und hatte dann leider eine sehr kurze Nacht. Was Lovecrafts Sprache ausmacht ist das Umschreiben, das Untertreiben bis es zu spät ist, das Verschleiern, bis man sich entschlossen hat den Schleier endlich zu lüften und Entsetzen einen packt. Man möchte den Helden zurufen, laßt es besser, lest das Buch nicht! Aber gleichzeitig möchte man es eigentlich selbst lesen und mehr wissen, wohlwissend, daß es nicht gut ist. Das war kein Splatter (meine Schwester hat sowas immer gerne gelesen - Bücher, aus denen das Blut gleich literweise troff). Das war schrecklich auf eine verlockende, anziehende Art und Weise. Und das ist der Stil, in dem ich gewohnt bin Cthulhu zu spielen.

Daniel meinte, es gäbe einige im Verein, die damit Probleme haben, wie ich das Spiel mag. Wenn das so ist, dann mögen sie Manns genug sein und sich hier im Thread oder per PN äußern. Ich möchte schon wissen wem was nicht paßt. Wer aber meint, mir etwas sagen zu müssen, muß dann damit leben können, daß ich ihm antworten werde. Ich trage IMMER einen Streit aus. Wer also einen haben will, ist bei mir sicherlich an der richtigen Adresse. (Ich weiß selbst, daß das ein Charakterfehler ist, und daß ich diplomatischer, verzeihender, nachsichtiger :wink: sein sollte. Doch wenn ich mich ungerechtfertigt irgendwelchen ungeäußerten Anschuldigungen und Fehleinschätzungen ausgesetzt sehe, dann lade ich jeden ein - nein, ich FORDERE jeden zu seinem Wort und seiner Meinung zu stehen und es mir offen zu sagen. Ich sage dann, was ich davon halte. Das muß man dann eben abkönnen.)
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Daniel
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Beitrag von Daniel »

Ergänzung:

Im neu erschienenen Cthulhu-Spielleiter- und -Spieler-Handbuch wird das Thema Motivation der Charaktere ebenfalls ausführlich diskutiert. Interessierte sollten einmal einen Blick hinein werfen...
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Daniel
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Beitrag von Daniel »

Ergänzung:
Auch im Cthulhu-Forum finden seit längerer Zeit interessante Diskussionen über dieses und auch andere Themen statt. Spielleiter sollten sich dort ein wenig einlesen und schlau machen. Spieler hingegen sollten von dem Forum die Finger lassen...
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Beitrag von Lhankor Mhy »

Ich bin ja nun kein regelmäßiger Besucher des Cthulhu-Forums, doch bin ich heute zufällig beim Herumsurfen über diesen Thread hier gestolpert.

Darin geht es um schwer bewaffnete Charaktere und wie man damit umgeht, bzw. es vermeidet sie überhaupt zu bekommen.

Achtung! Spoiler- und noch viel mehr Provokations-Warnung! Im nachfolgenden Text könnten für den Leser unerwartet provokante Passagen oder Spoiler für Abenteuer enthalten sein, die der Leser eventuell noch spielen möchte.

Daher: You have been warned! Enter at your own risk!


Was ich daraus entnommen habe, ist eine gewisse Tendenz speziell (wenn auch nicht ausschließlich) der neuen deutschen Cthulhu-Szenarien einen z.T. immensen Waffeneinsatz regelmäßig als Methode der Wahl zur Bewältigung des Szenarios vorauszusetzen.

Selbst die "War Stories" gen Ende des Threads, wo mit Verve erzählt wird, wie z.B. zwei an sich "Golfspieler"-Charaktere mit Golfspielen 80% haufenweise indische Kultisten niedergeprügelt haben, bzw. ein Tennisspieler mit Knüppeln oder ein Chirurg mit Skalpell herumgefightet haben, scheinen darauf hin zu deuten, daß der Spruch auch für Cthulhu stimmt: "Gewalt ist IMMER eine Lösung" - Auch gegen Mythos-Schrecken...

Das macht mich neugierig. Ich kenne ja von den neueren Abenteuern kaum etwas. Wir haben damals fast ausschließlich in USA/Mexiko/Kanada gespielt. Meine Erfahrung mit Cthulhu ist, daß im Schnitt eine Faustfeuerwaffe auf ca. 3 Spielercharaktere kommt. Messer haben vielleicht die Hälfte der Charaktere dabei und Knüppel findet man meist irgendwo herumliegen (Schürhaken, Tischbeine, Baseballschläger,...). Diese Waffen kommen eher selten zum Einsatz, und wenn, dann meist gegen Kultisten, die zumeist auch noch besser bewaffnet/befähigt sind. Gegen die Schrecken der Mythos-Kreaturen nutzen sie sowieso nichts.

Ich habe mit Interesse diesen Thread verfolgt, da er auch ein Zeichen für einen Wandel im Charakter der Szenarios darstellt. Ja, auch die Chaosium-Szenarien haben durchaus ihre Schwächen in Bezug auf die "Lösungsmethode". Das bestreitet keiner. Jedoch sind die Deutschland-Szenarien augenscheinlich in der Masse auch nur mit ordentlich Feuerkraft zu lösen (Ja, ich weiß: Ausnahmen gibt es immer). Wenn ich aber an die Schilderungen des Spielers über seinen Charakter mit den diversen erfolgreichen(!) MG-Einsätzen denke, wird mir ganz anders. (Das gab aber 'ne Menge Abenteuerpunkte/Erfahrungspunkte/Kopfgeldpunkte was?)

Täuscht mich der Eindruck, den ich aus dem Cthulhu-Forum gewonnen habe? (Ich hoffe ja, daß er täuscht, glaube jedoch nicht wirklich daran.)

Wenn ich in Deadlands ein Horror-Szenario spiele, in dem die Cowboys mit ihren Peacemakern herumballern, dann ist das völlig in Ordnung. Deadlands rühmt sich nicht wie Cthulhu mit "subtil psychologischem" oder "mythischem" Horror, sondern mit einer etwas "rustikaleren" Variante, die zudem auch noch stark mit Versatzstücken des Italo-Western durchsetzt ist. Daher ist die Methode der Wahl auch tatsächlich oft das "Ding aus einer anderen Welt" solange mit großkalibrigem Blei aus dieser Welt vollzupumpen, bis man es - für einen guten Preis versteht sich - als Altmetall verkaufen kann. Bei den wirklich üblen Schrecken der Abrechnung jedoch, nutzt das natürlich genausowenig etwas, wie bei Mythos-Kreaturen in Cthulhu, aber dafür gibt es ja Schamanen, Gesegnete und Huckster, die sich dessen annehmen können (Seelenschlag ist Huckster's Liebling!).

Ich frage mich, ob das Genre Horror nicht spätestens dann etwas sehr gedehnt wird, wenn die "Helden" mit MG und Dynamit herumballernd auf alle Mythos-Kreaturen ballern, als wären es bloße Tommys oder Iwans wie im Weltkrieg. Was bei Deadlands als originärer Genre-Mix noch funktioniert, hört sich für mich z.B. bei den Schilderungen zum Rheinland (mit Freikorpslern, Französischen Truppen etc.) oder den MG-Ballereien auf den Inseln etwas un-cthulhoid an. Als nächstes kommen Indiana "Peitsch mich!" Jones, Bruce "Die Hard" Willis, Lara "Two-Gun" Croft und "Sitzt meine Sonnenbrille gerade?"-Neo aus Matrix als Cthulhu-Charaktere vor und mischen mal eben alle Großen Alten auf, bevor sie RICHTIG schwierige Abenteuer bestehen.

Schon seltsam, nicht? Ich meine, wenn einem der Pulverdampf und das - in diesem Falle ja auch moralisch absolut gerechtfertigte(!) - Umnieten von Monstern mit schweren Bleispritzen Spaß macht, dann ist m.E. Deadlands DIE Alternative. Da muß man sich wenigstens nicht mit solchen Weichei-Charakter-Archetypen wie "Anwalt" *gähn*, "Professor" *schnarch* oder so abgeben, sondern kann Charaktere mit Saft und Kraft wählen wie "Texas Ranger" (Shoot'em or Recruit'em!), "Pinkerton-Cleaner" (ich sag nur: Gatling-Schrotknarre!), oder "Huckster" (Oh, Dead Man's Hand! Was sagt man dazu? Versuchen wir's mit: Azatoth, Dein letzter Tanz ist nun vorbei - Spiel mir das Lied vom Tod!). Das soll natürlich nicht heißen, daß man in Deadlands nicht auch etwas mehr den subtileren Horror treiben kann (Wer schon man einen Charakter zum Donnerpaß geschickt hat, weiß, was ich damit meine.).

Ich wundere mich nur, weil ich diese Erfahrung mit Cthulhu nicht gemacht habe. Wenn wir unsere Spieler-Charaktere herumballern ließen, dann waren sie binnen der nächsten Szene verhaftet und verknackt (z.B. wegen Mordes an Vereinsmitgliedern der "Freunde der Afrikanischen Kunst" - natürlich alles üble Kultisten, aber welcher Richter glaubt einem das schon?). Es war immer die Gratwanderung zwischen Verhindern der üblen Beschwörungen oder anderer Machenschaften und Nicht-Erwischtwerden bei illegalen Durchsuchungen, Brandstiftungen oder - sehr selten - Schießereien. Es hatte sich in vielen Szenarien als richtig gute Taktik herauskristallisiert, das Übel zu erkennen und eine für die Behörden annehmbare Cover-Story auszudenken und den Rest dann die Polizei oder die Nationalgarde erledigen zu lassen. Man liest dann in der Zeitung anderntags entweder nichts oder man erfährt, daß die Nationalgarde einen Schwarzbrenner- und Schmuggler-Ring ausgehoben hat, wobei es zu einer unglücklichen Explosion kam.

Ja, das ist das Cthulhu-Prinzip #1 für Spielercharaktere in Anwendung: "Live and let die".

Ich weiß garnicht, wieviele Polizisten, Soldaten, Gang-Mitglieder,... anstelle unserer Charaktere über den Jordan gehen mußten, aber es waren viele. Das lag natürlich an unserem Vorgehen, das ich oben in diesem Thread schon mal erläutert hatte. Dafür kam es ab und an eben auch vor, daß einer unserer Charakter mit einem Messer eines Kultisten im Rücken nicht mehr aufstand, bzw. nach erfolgreicher Selbstverteidigung für ein paar Jahre im Knast landete (neuer Charakter fällig!).

Augenscheinlich hat sich da doch irgendetwas geändert. Vielleicht - so meine Vermutung - vielleicht WOLLEN die Spieler ja endlich einmal eine Fighting Chance gegen das Grauen aus dem All? Vielleicht will man ab und an auch mal statt die andere Wange (den anderen Charakter) hinzuhalten, das "Auge um Auge, Arm um Tentakel"-Prinzip umsetzen? Wie seht ihr das?
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Beitrag von Dor Kalach »

Hmmm... ohne jetzt den Thread zu lesen...

Ich finde Cthulhu hat etwas feines, und ich ahbe die Erfahrung gemacht, dass Waffen gegen irgendwelche Wesen eh keine Wirkung haben... zumindest ned lange...
Die verhalten sich ungefähr wie Kadavermenschen in Earthdawn... Verpass ihnen ne Wunde und sie haben 4 statt einen Angriff pro Runde...

Klar juckt es niemanden, wenn man irgendwo im Wald nen Kultisten abknallt... aber wer sagt denn dass nciht grade der Förster unterwegs ist und ide GSG9 nachher dasteht?

Waffengewalt ist keine Lösung in Cthulhu, solange sie krach macht...
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Beitrag von Christoph »

Lhankor Mhy hat geschrieben:
Was ich daraus entnommen habe, ist eine gewisse Tendenz speziell (wenn auch nicht ausschließlich) der neuen deutschen Cthulhu-Szenarien einen z.T. immensen Waffeneinsatz regelmäßig als Methode der Wahl zur Bewältigung des Szenarios vorauszusetzen.
[Im folgenden verwende ich immer wieder die Begriffe "richtig spielen" oder "falsch spielen". Damit deffiniere ich keine allgemeingültige Beurteilung, sondern eine persönliche Neigung zu meinem individuellen Spielusus. D.h. ich spiele es so und andere spielen es anders. Richtig heißt also: Für mich der richtige Weg.]


Und wieder einmal die Frage: Wie spielt man Cthulhu? *g*

Ich stimme dir, Frank, in allen Punkten zu. CoC mit Waffen widerspricht meiner ganz persönlchen Spielphilosophie massiv und da stehe ich alles andere als alleine da. Ich finde diese Art zu spielen, ist nix für mich und widerspricht dem Tenor "Cthulhu-Mythos".

Trotzdem gibt es inzwischen viel mehr Gruppen/SLs/Spieler, die den Einsatz von Waffengewalt (Teil unkreativ und extrem unglaubwürdige: Chirurg-Skalpell, Soldat-Maschinengewehr,...) als elementaren Bestandteil ihrer Spielrunde sehen. In meinen Augen "falsch", aber es gibt eben mehrere Arten, dieses Spiel zu spielen... Da urteile ich nicht. Jede Gruppe spielt eben ihr eigenes Cthulhu.

Und, du sagtest es bereits, schaut euch die alten und die neuen Abenteuer an: Oft kommt es am Schluss zu einem "Endkampf", bei dem Waffen hilfreich sind. (Diese Art der "Endgegner-besiegen"-Abenteuer finde ich vollkommen fad und am Mythosgedanken (s.u.) vorbeigeschrieben...) So müssen offenbar CoC-Abenteuer aussehen. Viele Abenteuer ohne "Happy-End" werden von den Spielern nicht angenommen (Ich spreche aus eigener Erfahrung). Aber keine Geschichte von Lovecraft hat ein Happy End.
Vielleicht ist die Auffassung von Cthulhu als Spiel ohne Happy End "falsch"? (Ich spiele es so, also ist es für mich richtig... Cthulhuabenteuer erzählen eine wirkliche Horror-Geschichte und bietet keine Plattform, Monster zu plätten)


Meine These ist sowieso: Cthulhu ist kein besonders gut geeigneter Hintergrund für ein Rollenspiel. Es gibt jede Menge innovativere Ansätze, die Umsetzungen hingegen will ich hier nicht beurteilen.

Ich liebe z.B. Kult. Hier ist Waffeneinsatz gewollt und im Spiel vorgesehen. Trash-Horror, aber kein trashiger Horror, zumindest nicht so, wie ich es leite. Unknwon Armies, ein geniales Setting mit interessanten Ansätzen, vor allem, was die Charaktere angeht... WoD? "Richtig" gespielt ist Hunter ein echter Genuss.


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Mythosgedanken: Meine Deffinition: Normaler Alltagsmensch wird mit Unfassbarem, Unbegreiflichen und vollkommen Fremden konfrontiert, und geht aus dieser Konfrontation mit für ihr schwerwiegenden, lebenseinschneidenden negativen Folgen hervor.
Halbwissen macht frech!

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