Red Alert hat geschrieben:Ist zwar kein Klassiker, aber doch ein klassischer Western.
kann man sich vielleicht doch mal anschauen
Open Range - Weites Land Western | USA
Nachdem ich heute mit Hugo "Open Range" gesehen habe, hier eine kleine Rezension:
Kurzfassung:
Toller Western. Der Beste seit langem. Für Deadlands-Fans voll empfehlenswert.
Zum einzigen Minuspunkt gleich am Anfang: der deutsche Untertitel "Weites Land". Dieser ist irreführend, da ein anderer, ein echter Klassiker unter den Western mit Gregory Peck und Charlton Heston mit dem Originaltitel "The Big Country" ebenfalls den deutschen Titel "Weites Land" trägt.
"Open Range" bezeichnet genauer gesagt die "freie Weidefläche" - Weideland, das keinem einzelnen Rancher gehört, sondern dem Staat, der jeden herumziehenden Viehtreiber sein Vieh darauf weiden läßt. Ranchern, die sich angesiedelt haben, sind diese Vagabunden ein Dorn im Auge, da diese ihre Ländereien kahlfressen lassen und dann weiterziehen, während die Rancher auf ihrem Land sitzen bleiben und sehen müssen, was ihr Vieh dann noch abzugrasen hat. Auf solche Probleme wurde dann meist mit Einzäunen des Ranch-Weidelands reagiert, was zu den sogenannten "Range Wars", den Weide-Kriegen, führte.
Der Film handelt genau von solchen Auseinandersetzungen und davon, daß ein Mann eben manchmal Prinzipien hat, für die er bereit ist, jemanden zu töten. Im Film treten Charaktere mit Ecken und Kanten auf (Deadlands: Nachteile wie Nächtliche Alpträume, Gesetz des Westens, Gesucht, Grimmiger Diener des Todes; Vorteile wie Dickes Fell, Die Stimme, ...). Man sieht anfangs, wie die Open Range Cowboys so im Alltag arbeiten - eine harte, knochenschindende Arbeit (nicht wahr Red?). Dann gibt es Streß mit den Männern eines ansässigen Großranchers, infolge dessen Blut vergossen wird und manch ein Cowboy seinen Nachteil "nachtragend" oder "Gesetz des Westens" oder "Blutrünstig" ausleben kann (gibt alles Chips, die man gegen Ende des Films dringend braucht!).
Der Film beginnt ausgesprochen ruhig, die Ereignisse sind irgendwie unvermeidbar, aber vom Tempo her läuft alles doch eher gemächlich bis zum 20 Minuten Showdown am Schluß.
Dieser ist - erfreulicherweise - nicht überzogen in den Aktionen oder in der Geschwindigkeit, sondern ziemlich realistisch geraten. Das heißt, daß die Leute dort so gut schießen, wie man eben schießen kann, wenn man keine Sonnenbrille in der Fresse hat und Neo heißt. Ein erfahrener Gunslinger kann eben mit "fanning" arbeiten, während ein nicht so erfahrener Viehtreiber nur langsam mit dem Single-Action-Revolver schießen kann (insbesondere, wenn einem gleich anfangs der andere Arm kaputtgeschossen wurde). Der Shoot-Out ist vom Feinsten. Man sieht viele unterschiedliche Aktionen (Einsatz von Single-Action-Revolvern {1. Aktion Hahn Spannen, 2. Aktion Schießen}; "Fanning" {den Hammer zum Schnellfeuern mit der freien Hand schlagen, während der Abzug gezogen gehalten wird}; Nachladen {was trotz Metall-Patronen [.45er-Muni sind ja tierisch dicke Brocken! *schluck*] eine Ewigkeit dauert, wenn es mitten im Kampf notwendig ist}; Schrotknarre aus nächster Nähe - Reverend Malloy hat da glaube ich die richtige Wahl an Waffe getroffen - mit nett-drastischen, aber nicht überzogenen Effekten; etc.). Der Kampf ist blutig aber nicht splatter-haft. Die akkurate Darstellung eines Shoot-Outs (inklusive der miesen Zielgenauigkeit der meisten Schützen und Waffen - recht realistisch, wenn man mal die Angaben z.B. von der Schießerei am O.K. Corral gelesen hat) hat wirklich Spaß gemacht - da wurde bei den Beinahe-Treffern und den Nicht-wirklich-Beinahe-Treffern so manch ein Chip verbraten (auf beiden Seiten. Allein der Oberböse hat wohl vom Marshall ein paar Blaue und Rote abgeworfen bekommen

).
Der Tempo-Wechsel von über lange Zeit sehr gemächlichem Tempo bis zum ersten Schuß im Schlußfight, nach dem der Streß so richtig beginnt, stellt einen enormen Kontrast dar, der die in realistischer Zeit ablaufenden Aktionen im Shoot-Out mit der notwendigen Hektik wahrnehmen läßt.
Bevor es jedoch zu dem bleihaltigen Ende kommt, ist einiges an interessanten Charakterzügen und Interaktion mit der Stadtbevölkerung (naja, eher Dorfbevölkerung) vorhanden. Die Ortschaft ist ähnlich groß wie Pawnee Rock, das ja manchen Deadlands-Spielern ein Begriff sein dürfte. Ein paar gute Szenen mit dem Einsatz von Einschüchtern, Überreden, Geschichten Erzählen etc. setzen das Ganze in die richtige Stimmung und verärgern die "Bösen" entsprechend. Wichtig ist dabei auch, daß man Freunde und Verbündete findet, die einem in der Not beistehen können (ein guter Tip für alle Deadlands-Spieler und ein noch besserer für Engel-Spieler

). Hier glänzen die authentischen Charaktere der kantigen, aber sympathischen Helden. Der eine oder andere gute Plan ist auch erwähnenswert, da immerhin ja nur sehr wenige Cowboys gegen die ganze Truppe des Großranchers (inklusive eines berüchtigten Revolverhelden - eines Two-Gun-Kids) stehen. Das könnte auch glatt aus dem Rollenspiel gekommen sein (insbesondere die Idee und die Ausführung vom Plan mit dem Büro des Town-Marshalls). Sowas macht Lust auch in Deadlands in einem Szenario eine ähnliche Konstellation zu bringen - natürlich angereichert mit ein paar guten Ideen aus den Tips und Tricks meiner vertrauenswürdigen Berater aus den Ewigen Jagdgründen.
Und auch eine nicht-kitschige(!) Love-Story gibt es zu sehen. "Junge" und "Mädchen" agieren darin mit einer den Zeiten und der Gesellschaft und dem Alter angepaßten Zurückhaltung und einem gewissen Understatement. Hat mir sehr gefallen, vor allem, weil mal keine Kleiderständer-Tussi als "Darstellerin" agierte (siehe u.a. Ausführungen oben zu Nicole "Steht mir das Kleid? Ach, wie war noch mal mein Text?" Kidman), sondern mit Annette Benning eine durchaus fähige Darstellerin, die mehr bietet, als nur Klamotten durch die Gegend zu bewegen. Was man da geboten bekommt ist hochgradig plausibel und couragiert - so sind eben die Frauen des weiten Westens - nicht so zimperlich und verzogen, wie die Zuckerpüppchen aus dem Osten.
Fazit: ein durchweg guter Film, der mir insbesondere vor dem Hintergrund einer nicht zu leugnenden Begeisterung für Deadlands ausgesprochen gut gefallen hat. Ich hätte Costner nach seinen letzten Filmen, in denen er bei mir nur als "Cotsner" lief, nicht mehr einen so rundum stimmigen und guten Film zugetraut. Empfehlung: Ansehen, und zwar im Kino. Dieser Film braucht die große Leinwand.
(Warnung: diese Meinung ist die eines "Alten Sacks" (tm). Jüngere Leute, die schnelle Filme, schnelle Schnitte, schnelle Kampfszenen, schnelle Sonnenbrillen, schnelles Essen und schnelle Frauen bevorzugen, werden sich langweilen, einschlafen, oder schnell vergreisen und den Film dann doch wieder super gut finden. Also: wer Western vom alten Schlag mag und die Deadlands-Regeln mal in der Praxis sehen will, der sollte sich das ansehen. Wer Nicole Kidman mit Jammerfresse in ältlichen Klamotten sehen mag, der sollte Cold Mountain ansehen. Wer schnelle Action bevorzugt und keine Ader für Western hat, der liest gerade ohnehin in der falschen Rubrik.
"Nich' wahr, Jim-Bob?" - "Ja, stimmt genau, Slim!" - "Was meinst Du, Jim-Bob, hat der nicht genau Deine Stiefelgröße?" - "Hmm, könnte hinkommen, Slim. Ich und Jim Bowie fragen ihn mal. - Howdy, Fremder! Was macht'n Stutzer wie Du in dieser Rubrik und warum starrst Du mich so an? Willst wohl Ärger machen, was? Wir mögen solche Unruhestifter hier nicht." *peng* *peng-peng-peng*
"Guck mal, Jim-Bob. Ich glaub' der zuckt noch." *peng-peng*
"Jetzt nicht mehr, Slim. Ich schau mal nach, ob die Stiefel passen...")