Realismus im Rollenspiel

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Daniel
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Realismus im Rollenspiel

Beitrag von Daniel »

Zu Beginn ein Zitat, welches ich als Einladung zur Diskussion sehe:
Lhankor Mhy hat geschrieben:Ich bin inzwischen auch nicht mehr der überzeugte Simulationsanhänger, dem es nie "realistisch" genug im Rollenspiel zugehen konnte. Nachdem ich erkannt habe, wie unsinnig die Diskussionen um "Realismus im Rollenspiel" oder "realistische Regeln" sind, ist der Ruf meines Herzens der nach einer schönen Geschichte, nach Helden mit Ecken und Kanten, nach Spielwelten ohne Knallchargen und Abziehbildcharaktere, nach lebendigen, stimmigen, überzeugenden, einfach nach begeisternden Spielwelten, Charakteren und deren Geschichten.
Zunächst eine Definition [Quelle: http://www.dwds.de/cgi-bin/portalL.pl?search=Realismus ]
Realismus, der; -, /ohne Pl./ <lat.>
1. historisch entstandene, der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungsstufe entsprechende künstlerische Gestaltungsprinzipien und -verfahren zur ästhetischen Aneignung der Wirklichkeit in der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur: dieser Maler, Schriftsteller ist ein Vertreter des (klassischen bürgerlichen) R.; die Werke Falladas sind bedeutende Schöpfungen des kritischen R.; die Methode des sozialistischen R. (der künstlerischen Aneignung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung vom Standpunkt der revolutionären Arbeiterklasse, der soz. Ge- sellschaft); Nicht zufällig schuf Gorki gerade in den Jahren der Revolution von 1905 das erste Werk des sozialistischen Realismus Aufbau 1956
2. Denkweise, die sich auf die Wirklichkeit stützt, Wirklichkeitssinn: sein R. bewahrte ihn oft vor Enttäuschungen; diese Erzählung zeigt ihn als Dichter von unerbittlichem R.
3. Philos. a) /zusammenfassende Bez. für erkenntnistheoretische Lehren, die von der Realität der Außenwelt ausgehen, ohne eine Entscheidung über deren Idealität oder Materialität zu treffen/ erkenntnistheoretischer, transzendentaler R. b) Lehre der mittelalterlichen Scholastik und des Neuthomismus, nach der die Allgemeinbegriffe das Wirkliche sind, das vor (und in) den Einzeldingen existiert: der Kampf zwischen Nominalismus und R.
Die Definition 1 zielt auf den künstlerischen Aspekt ab. Weitere künstlerische Ausdrucksformen sind z.B. der Kubismus oder der Surrealismus. In diesem Sinne kann ein Rollenspiel sehr wohl durch genau diesen Realismus geprägt sein, wenn es also darum geht die Lehre des Realismus zu vermitteln.
Definition 2 meint die umgangssprachliche Bedeutung und definiert eine Wahrscheinlichkeit. Auf das Rollenspiel bezogen geht es dann also um die Erwartungshaltung, wie die Welt reagiert, und wie sie funktioniert.
Und Definition 3 beschreibt die philosophische Schule.

Meiner Meinung nach können zumindest die letzten zwei Definitionen nicht unabhängig voneinander gesehen werden.

Zum Thema Realität/Wirklichkeit habe ich bereits den Artikel 23 verfasst. Hier treffe ich die Aussage, daß Realität alleine vom subjektiven Empfinden abhängt. Genau dieses subjektive Empfinden schafft ein Spielleiter während des Leitens einer Rollenspielrunde durch seine Beschreibungen und die dadurch ausgelösten Empfindungen bei den Spielern. Er schafft also eine Wirklichkeit, schon alleine dadurch, daß er Gefühle erzeugt, die zuvor nicht existiert haben.

Die Welt die der Spielleiter schafft, beschreibt auf der anderen Seite wiederum eine Realität. Eine fiktive Realität. Genau das ist das schöne Paradoxon beim Erzählen. Und diese fikitve Realität kann wahrscheinlich oder unwahrscheinlich sein, ganz nach Geschmack.

Unabhängig davon können jetzt noch "realistische" Regeln für das Spiel in dieser fiktiven Welt vorhanden sein. Doch so detailliert die Regeln auch sein mögen, so können sie eine Wirklichkeit niemals abbilden, da wie oben behauptet, Wirklichkeit eine subjektive Empfindung ist. Mathematikern mag ein endloser Input an Zahlen und Formeln durchaus als "realistisch" erscheinen, sowie Geschichtenliebhabern wohl eher schön ausformulierte Sätze als "real" vorkommen mögen.

Ich bin also darum bemüht möglichst viel Realismus in meiner Spielrunde aufzubauen und zu erleben. Realismus ist nämlich erlebte Wirklichkeit. Dies beinhaltet auch die Bedienung der Erwartungshaltung (siehe ebenfalls 23) an das Verhalten der Welt.

Ich habe mich jetzt sehr kurz gefasst, erläutere Details aber gerne im Nachhinein, falls Unklarheiten zu meiner Meinung bestehen.

[Rückverweis zum Ursprungspost]
Zuletzt geändert von Daniel am Mi Jul 21, 2004 15:07, insgesamt 1-mal geändert.
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BALOU
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Beitrag von BALOU »

Hier mal eine etwas forsche Frage / Anmerkung zum Thema Realismus :

War es realistisch zu glauben, das Griechenland Europameister wird ?
War es realistisch zu glauben, das der Aufsteiger 1.FC Kaiserslautern direkt Deutscher Meister wird ?

Dies sind zwei Beispiel aus dem Fußball, die zugegebener Maßen nicht unbedingt einem zuerst in den Sinn kommen, wenn man an Fantasyrollenspiele denkt. Und Ich bin auch kein besonderer Fan von Otto Rehakles dem ersten, aber diese Beispiel zeigen sehr gut, das wir einen Satz wie "Das ist aber jetzt vollkommen unrealistisch", gerade im Rollenspiel nicht gebrauchen sollten.
Ich würde lieber den Ausdruck Wahrscheinlichkeit nehmen. Denn die Wahrscheinlichkeit mag zwar verschwindent gering sein, aber es war zumindestens theoretisch möglich das die Griechen den Olymp des europäischen Fußballs beherrschen.
Was bedeutet das jetzt für mein Rollenspiel?
Ich möchte als Spieler, immer die Möglichkeit haben etwas neues auszuprobieren. Eine verrückte, unlogische, unrealistische Aktion zu starten. Wobei es natürlich auch Grenzen gibt. Wenn ich kein Drachenblut in mir habe, kann ich nicht einen Feuerball auch die Monster spucken, nur weil mein SC schizo ist und glaubt er würde von Smaug abstammen.
Andererseits könnte der Versuch und die wörtlichen Ausschmückungen sehr belebend auf eine Spielrunde wirken.
Oder aber ich spiele die Prestigeklasse "Drunken Master" im D&D 3rd Edition. Da geht das nach vorherigem Genuss von einer Pulle Schnaps.
:wink:
Mal sehen, welche Meinungen sich in diesem Thread noch ergeben.
Danke an Daniel, das er dies gestartet hat.

Bis denne

Peter
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Eribanus
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Beitrag von Eribanus »

Also, ich denke bei der Frage Realismus im Rollenspiel ging es erstmal um`s Regelsystem (Schliesslich hat sich die Sache hier aus der Frage nach Rolemaster ergeben). Meiner bescheidenen Meinung nach geht es bei Realismus im Rollenspiel im eigentlichen Sinne dieser Diskussion weniger um das Erzählen, sondern um regeltechnische Fragen.
Wie realistisch ist es zum Beispiel daß im AD&D 2nd Ed eine Schwere Armbrust weniger oder gleichviel Schaden (sorry, bin nicht mehr 200% Regelfest) macht wie ein Langbogen? Wer einmal den Effekt einer schweren Armbrust und den eines Langbogens gesehen hat wird mir zustimmen. Ausserdem würde it diesen Regeln eine Armbrust keinen Sinn machen, und wenn sie daß nicht täte, hätte man sie nicht erfunden, geschweige denn als unritterliche Waffe geächtet.
Das ist aber nur meine Meinung, und ich lasse mich gerne eines besseren belehren. Sicherlich hat im eigentlichen Spiel der SL die Verantwortung dafür möglichst realistische Welten zu erschaffen, aber das ist mit dem richtigen Werkzeug (Regelwerk) sicherlich einfacher.
Aber es geht nichts über eine schöne Geschichte im Rollenspiel, über ausgefeilte Charaktere und gutes Spiel der Charaktere untereinander, und das liegt nicht am Regelwerk...
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Daniel
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Beitrag von Daniel »

Eribanus hat geschrieben:Also, ich denke bei der Frage Realismus im Rollenspiel ging es erstmal um`s Regelsystem (Schliesslich hat sich die Sache hier aus der Frage nach Rolemaster ergeben).
Soweit ja. Und warum es dabei nicht bleiben kann habe ich ausgeführt.
Eribanus hat geschrieben:Meiner bescheidenen Meinung nach geht es bei Realismus im Rollenspiel im eigentlichen Sinne dieser Diskussion weniger um das Erzählen, sondern um regeltechnische Fragen.
Das, so habe ich versucht zu erklären, ist aber genau die falsche Fragestellung. Denn:
Eribanus hat geschrieben:Wie realistisch ist es zum Beispiel daß im AD&D 2nd Ed eine Schwere Armbrust weniger oder gleichviel Schaden (sorry, bin nicht mehr 200% Regelfest) macht wie ein Langbogen?
Um die Frage näher auszuformulieren:"Wie realistisch ist es zum Beispiel daß im AD&D 2nd Ed eine Schwere Armbrust weniger oder gleichviel Schaden macht wie ein Langbogen, in der Realität des imaginären AD&D Universums?" Das ist die Frage! Und nicht nur, wie realistisch es ist. Sondern wie realistisch ist es in dieser Realität! Aber ich sagte noch viel mehr... ich sagte, daß die meisten "Realität" mit Wahrscheinlichkeit gleichsetzen, daß darüber hinaus das Problem aber weit komplexer ist.
Eribanus hat geschrieben:Wer einmal den Effekt einer schweren Armbrust und den eines Langbogens gesehen hat wird mir zustimmen. Ausserdem würde in diesen Regeln eine Armbrust keinen Sinn machen, und wenn sie daß nicht täte, hätte man sie nicht erfunden, geschweige denn als unritterliche Waffe geächtet.
In den Regeln macht sie vielleicht schon einen Sinn, aber vielleicht nicht in der Welt die der Spielleiter beschreiben möchte. Oder vielleicht doch? Je nach Spielleitergeschmack und seinem Wunsch die Realität zu formen.
Eribanus hat geschrieben:Das ist aber nur meine Meinung, und ich lasse mich gerne eines besseren belehren.
Gerne geschehen.
Eribanus hat geschrieben:Sicherlich hat im eigentlichen Spiel der SL die Verantwortung dafür möglichst realistische Welten zu erschaffen, aber das ist mit dem richtigen Werkzeug (Regelwerk) sicherlich einfacher.
*hüstel* Für jede Art von Realismus (=hier Weltenbeschreibung) gibt es andere Werkzeuge. Das finde ich z.B. sehr schön an Rollenspielen, daß nicht alles mit GURPS oder OGL Regeln gleich stimmungsvoll ist, wie mit einem genau für diese Welt und diesen beabsichtigten Erzählstiel geschaffenen Regelwerk.
Eribanus hat geschrieben:Aber es geht nichts über eine schöne Geschichte im Rollenspiel, über ausgefeilte Charaktere und gutes Spiel der Charaktere untereinander, und das liegt nicht am Regelwerk...
Selbst diese abschließende Aussage kann ich nicht unterschreiben. Denn manchmal spiele ich auch gerne einmal anderst, nur mit Würfeln beschäftigt, nur am Spielrunde boykottieren und Fetz machen, o.ä.

Jetzt nicht entmutigt sein, von der Antwort... :wink:
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Eribanus
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Beitrag von Eribanus »

Daniel hat geschrieben: Selbst diese abschließende Aussage kann ich nicht unterschreiben. Denn manchmal spiele ich auch gerne einmal anderst, nur mit Würfeln beschäftigt, nur am Spielrunde boykottieren und Fetz machen, o.ä.
Sorry, aber dann kann ich, böse gesagt, auch "Mensch ärgere Dich nicht" spielen, ausserdem ist es unhöflich dem SL gegenüber der ja (meistens) das Abenteuer vorbereitet hat und da wohl auch Arbeit investiert hat. Aber das ist nicht Thema der Diskussion

Daniel hat geschrieben: Jetzt nicht entmutigt sein, von der Antwort... :wink:
Ach, ich bin schon viel zu nah am Altersstarrsinn um mich so leicht entmutigen zu lassen :wink:

Aber ansonten muss ich Dir wohl doch zu grössten Teil recht geben (Mist! :? )

Dennoch muss ich darauf bestehen dass ein paar realistische (vielleicht besser: realitätsnahe) Gesetze auch in der fiktiven Welt bestehen müssen um sich als Besucher (Spieler) darin zurechtzufinden, und sei es nur die Gravitation. Ein Universum (oder Megaversum um Rifts nicht auszuschliessen) ohne dieselbe ist (zumindest für mich) nicht vorstellbar und damit auch nicht spielbar, also denke ich dass ein gewisses Maß an Nähe zu unserer Realität (je nach Spieler unterschiedlich viel) unvermeidbar ist um ein schönes Spiel zu gewährleisten.
Daniel hat geschrieben:*hüstel* Für jede Art von Realismus (=hier Weltenbeschreibung) gibt es andere Werkzeuge. Das finde ich z.B. sehr schön an Rollenspielen, daß nicht alles mit GURPS oder OGL Regeln gleich stimmungsvoll ist, wie mit einem genau für diese Welt und diesen beabsichtigten Erzählstiel geschaffenen Regelwerk.
Kann ich nur unterschreiben.
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Evil Gretchen
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Beitrag von Evil Gretchen »

INSPECTRES

Wie realistisch ist es, dass eine folkloristische, peruanische Straßengruppe einen Spinnenmenschen opfern will?
Wie wahrscheinlich ist es, dass kleine, grüne Männchen aus orangefarbenen Löchern die Mafia so sehr beschäftigen, dass man selbst verschont bleibt...?

Da aber Daniel vermutlich jetzt den Finger erheben wird, und mich dezent darauf hinweisen wird, dass Inspectres einfach etwas anderes ist, entschuldige ich mich hiermit für meinen Einwurf.
Ich wollte aber einfach InSpectres wenigstens einmal kurz miteinbeziehen... :)
Ich bin nicht das Subjekt dieses Satzes
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Daniel
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Beitrag von Daniel »

Mit Nichten werde ich den Finger heben, denn genau das Beispiel ist mir auch eingefallen. Weiter erwähnenswert sind sämtliche Monster aus diversen Settings wie Cthulhu, die per se nicht existieren können. Oder Paranoia, oder ...
Eribanus hat geschrieben:Dennoch muss ich darauf bestehen dass ein paar realistische (vielleicht besser: realitätsnahe) Gesetze auch in der fiktiven Welt bestehen müssen um sich als Besucher (Spieler) darin zurechtzufinden, und sei es nur die Gravitation.
Es sollten Gesetze in Form einer erwartbaren Wahrscheinlichkeit, und wenn diese Wahrscheinlichkeit das Chaos selbst ist, bestehen. Aber diese Wahrscheinlichkeit muss nichts mit der Wahrscheinlichkeit in unserer Welt zu tun haben. Deshalb ist wie oben aufgeführt die Fragestellung immer noch falsch.

Vielleicht meintest du mit "realitätsnahe Gesetze" auch "den Naturgesetzen entsprechend". Dann kommst du aber ziemlich in Erklärungsnot was Magieformen angeht.
Eribanus hat geschrieben:Ein Universum (oder Megaversum um Rifts nicht auszuschliessen) ohne dieselbe ist (zumindest für mich) nicht vorstellbar und damit auch nicht spielbar, also denke ich dass ein gewisses Maß an Nähe zu unserer Realität (je nach Spieler unterschiedlich viel) unvermeidbar ist um ein schönes Spiel zu gewährleisten.
Jein... Ein wahrer Kern ist da dran. Pauschal wahr ist es jedoch auch nicht. Zum Beispiel ist Cthulhu in den 90'ern nicht unbedingt schöner oder plastischer, nur weil wir es alle kennen, sondern meist eher etwas flairloser als Cthulhu in den 20'ern. Ich, der ich mich auf Rollenspiele mit starkem Bezug zur jetzigen Wirklichkeit spezifiziert habe, spiele tatsächlich gerne in Welten, die nicht so weit im Fantasy-Genre liegen. Aber Spieler, die fernab von jeglicher "Realität" in einer Fantays-Welt spielen empfinden ihr Spiel ebenfalls mit Sicherheit als schön. Wahrscheinlich meintest du in diesem Zitat aber wieder Wahrscheinlichkeit statt Realität...

Siehe dazu vielleicht auch den lustigen Thread unserer Marburger Freunde in ihrem Forum.
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DonJohnny
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Beitrag von DonJohnny »

Ich sag jetzt auch mal kurz was zu dem Beispiel mit der Armbrust. AD&D orrientiert sich was Waffen und Kämpfe angeht ganz eindeutig an der Welt in der wir leben (zumindest glaube ich nicht das es im Regelbuch anders steht) Also ist es notwendig dass sich die Regeln für den Kampf mit konventionellen Waffen an den Sachverhalten orientiert die in unserer Welt gegeben sind. Für Magie stellt Ad&D aber eigene Naturgesetze auf. Es bestheht ja auch die Notwendigkeit dafür, da es in unserer Welt keine Magie gibt. Folglich stellt ein Rollenspiel für bestimmte Bereiche eingene Naturgestze auf, damit man wie zum Beispiel bei der Magie Sache sagen kann ob eine bestimmte Aktion jetzt realistisch war oder nicht, worbei realistisch in diesem Fall heßt: warscheinlich nach den Naturgesetzen des Regelwerkes *). Für die Bereiche die sich offensichtlich an unserer Realität orientieren ist es schwieriger ein realistisches System zu schaffen, da wir ja alle aus dem Physik, Biologie und Chemie Unterricht wissen unsere Realität nicht ganz einfach ist. Deshalb kann ein Regelwerk auch nur eine begrenzt an die Wirklichkeit herankommen und da kann man sich jetzt die Frage stellen wie realisitsch ein Rollenspiel ist d.h. wie nah das System in den Bereichen für die keine neuen Naturgestze aufgestellt wurden an unsrere Wirklichkeit kommt.



*) Es ist in Inspectres realistisch, dass in Inspectres eine folkloristische, peruanische Straßengruppe einen Spinnenmenschen opfern will, nicht jedoch dass ein arbeitsloser Taxifahrer aus dem Stand fünf Meter hoch springt.
"Und ich vermache meinen 1972er Gran Torino in Freundschaft an Thao Vang Lor. "
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Daniel
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Beitrag von Daniel »

DonJohnny hat geschrieben:[...]Also ist es notwendig dass sich die Regeln für den Kampf mit konventionellen Waffen an den Sachverhalten orientiert die in unserer Welt gegeben sind.[1][...]Für die Bereiche die sich offensichtlich an unserer Realität orientieren ist es schwieriger ein realistisches System zu schaffen, da wir ja alle aus dem Physik, Biologie und Chemie Unterricht wissen unsere Realität nicht ganz einfach ist. Deshalb kann ein Regelwerk auch nur eine begrenzt an die Wirklichkeit herankommen und da kann man sich jetzt die Frage stellen wie realisitsch ein Rollenspiel ist d.h. wie nah das System in den Bereichen für die keine neuen Naturgestze aufgestellt wurden an unsrere Wirklichkeit kommt.
Das ist ja der Punkt. Wie wird ein System oder eine Welt "realistisch"? Wohl doch dadurch, daß es / sie empfunden werden kann. Dazu gibt es die verschiedensten Ansätze. Unknown Armies z.B. hat Fertigkeiten meist im 25% Wahrscheinlichkeitsbereich. Warum? Das System geht davon aus, daß man sowieso nur in Streßsituationen würfeln sollte und rechnet deshalb die gängigen Erschwernisse bereits ein. Auch nicht schlecht, oder? Obwohl ja 25 % in einer normalen Situation sehr "unrealistisch" erscheinen.

Wie kann sich ein Fantasy-Setting denn überhaupt an unserer Realität orientieren, wenn dort Magie im Übermaß fließt, Helden tagein, tagaus ihre tausende von Goldstücken in Dörfern ausgeben, Zwerge jahrtausendelang Berge umwühlen, u.s.w.? Das entspricht einfach nicht unserer Welt. Oder wie wäre es "realistisch" einem Ork, der mir ein Ale ausschenkt gegenüberzutreten? Es gibt keine Entsprechung.

Meist wurden in Fantasy-Welten Naturgesetze auch von Göttern geschaffen. Das unterscheidet sie schon in ihrer Ureigenheit von den uns bekannten Naturgesetzen. Weil es in diesen Welten eben nicht um die Erforschung der Naturgesetze geht, bin ich eben der Meinung, daß die Fragestellung die falsche ist. Ein Regelsystem sollte also eben nicht darum bemüht sein die Naturgesetze der Fantasy-Welt (nicht so in Steampunk-Settings!) möglichst genau abzubilden (außer vielleicht im Götter-Teil für den SL), sondern Regeln geben, wie die Welt schön, intensiv und detailliert erlebbar ist. Daß für eher mathematisch denkende Rollenspieler hier Tabellen eher hilfreich sind als Arkana-Karten (siehe [1]) mag so sein. Deshalb kann man noch lange nicht pauschalisiert und allgemeingültig sagen, daß z.B. das Regelsystem von Rolemaster "dodal realisdisch" ist.

:arrow: Der nächste bitte... :wink:
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chainsaw
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Beitrag von chainsaw »

elaboriertes Geschwätz..coool*g*
Wie entsteht denn eine fiktive Wirklichkeit (rollenspielwelt)?
Was die an unsere Welt angelehnten Wirklichkeitsdimensionen (Naturgesetzte usw.) angeht, gibt es ja bereits eine Richtlinie (unsere Realität), an der sich die Erschaffer orientieren können.
Das Problem bei der Kreierung "unrealistischer" Phänomene (wie z.B. Magie) liegt dann doch darin, dass unser Wirklichkeitsempfinden aus Subjektivität besteht. Wie also kommen Mehrere Individuen (Rollenspielautoren) auf einen Nenner, die doch alle eine eigene, subjeltive Vorstellung ihrer fiktional erschaffener Wirklichkeit sehen?
Sie müssen auf jeden Fall Kompromisse finden, d.h. auf dem Wege der Konventionalität eine fiktionale Wirklichkeit (wirdfortgesetzmeinbusfährt...scheisse...uhrzeitvergessn)
"(...)evil thoughts are evil(...)"

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chainsaw
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Beitrag von chainsaw »

Sorry! Komm erst jetzt wieder dazu. Prüfung lief übrigens scheisse*g*
okey...*jetztwiederdenFadenfinden*...die Rollenspiel-Autoren beschließen also Regeln, Normen und Verhältnismäßigkeiten für ein "unrealistisches" Phänomen durch Konventionen.
Bleiben wir beim Beispiel Magie. Jedes Individuum hat, wie gesagt, seine eigene Wirklichkeit, folglich also auch eine eigene Vorstellung davon, wie Magie "funktioniert".
Nun wird aber, in diesem Falle wohl durch das Rollenspiel-Regelwerk, eine (fiktionale) Wirklichkeit vorgegeben.
Als Rollenspieler sollte diese Wirklichkeit akzeptiert und ihre Regeln befolgt werden, denn auch wir (als Rollenspieler) sind auf Konventionen (so etwas wie Spielregeln) angewiesen, sofern das Spiel funktionieren soll...daraus folgt: Ich (als Spieler) muss meine subj. Wirklichkeit (sollte sie sich von der vorgegebenen Wirkl. unterscheiden) beschneiden und mich der Konventionalität (jene Konventionalität der, mir völlig unbekannten, Rollenspielautoren)beugen.
Wahrscheinlich einer der Gründe, weshalb Rollenspiel Toleranz fördern soll *g*

Betrachten wir, anstatt der Spieler, einmal den Spielleiter.
Wenn ich als SL eine ganz andere Vorstellung von Magie habe, als mir im Regelbuch vorgeschlagen wird, habe ich die Möglichkeit (im Gegensatz zum Spieler) die Regeln in einem mir selbst vorgegebenen Maße (maßlos*g*) zu verändern.
Doch wo ziehe ich die Grenze?
Woher weiß ich, ob die fiktionale (durch meine Subjektivität geprägte)Welt die ich den Spielern präsentiere "realistischer" ist, als die im Regelwerk?
Vielleicht ist meine Umwälzung der Regeln für andere viel schwieriger zu interprätieren als die "Original"-Regeln?
"(...)evil thoughts are evil(...)"

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Daniel
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Beitrag von Daniel »

Nun ja, ein sehr schönes und auch "richtiges" Post. Aber nur drei Fragen:
chainsaw hat geschrieben:[...]
Doch wo ziehe ich die Grenze?
Woher weiß ich, ob die fiktionale (durch meine Subjektivität geprägte)Welt die ich den Spielern präsentiere "realistischer" ist, als die im Regelwerk?
Vielleicht ist meine Umwälzung der Regeln für andere viel schwieriger zu interprätieren als die "Original"-Regeln?
Eigentlich alles dieselbe Frage.

Mögliche Antwort:"Erlaubt ist, was gefällt."

Will heißen, sobald die Mehrheit der Spieler die Regländerung ebenfalls als realistischer empfindet, kann man die neuen Regeln, zumindest für diese Spielrunde, als "realistischer" bezeichnen. Du weißt also, ob die Regeln realistischer sind, durch's ausprobieren. Wenn die anderen Spieler jedoch Schweirigkeiten mit der Interpretation dieser Realität haben, musst du entweder deine Interpretation wieder umbiegen, oder erklären warum deine Interpretation "richtiger" ist, als die der Spieler, und sie an Beispielen im Spiel plastisch rüberbringen.
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